Society for Creative Anachronism

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Die Society for Creative Anachronism (SCA) (dt. Gesellschaft für kreativen Anachronismus) ist eine internationale Organisation von am Mittelalter und der Renaisscance interessierten Menschen.

Der offizielle deutsche Verbund der SCA ist die 2018 gegründete Gesellschaft für lebendige Geschichte e.V. (GlG)

Eingebettet in eine fiktive Gesellschaftsordnung, die sich in weltweit 20 Königreiche gliedert, widmen sich die Mitglieder der Erforschung und Wiedererschaffung der Künste und Fertigkeiten Europas vor dem 17. Jahrhundert. Das Erleben, zumindest des höfischen Teils, des mittelalterlichen Lebens steht im Mittelpunkt. Die SCA hat nach eigener Aussage über 30.000 Mitspieler.
Die größte SCA-Gruppe Deutschlands ist die Baronie „Knight's Crossing“ mit etwa 100 Mitgliedern.

Überblick und Geschichte

Die SCA wurde 1966 als nonprofit corporation SCA, Inc. in den USA von einer Gruppe Mittelalterbegeisterter gegründet. Gründungsmitglieder waren unter anderem die Autorinnen Marion Zimmer Bradley und Diana L. Paxson.
Mit der Gründung der Gesellschaft für lebendige Geschichte e.V. und einem mit der SCA, Inc. abgeschlossenen Affiliierungs-Vertrages, existiert seit 2019 eine rechtlich selbstständige SCA-Organisation in Deutschland.

Die Mitglieder der SCA stellen mittelalterliche Kunst, Handwerk und Alltagsaktivitäten nach. Dabei wird alles, vom Nähen, über das Kochen, Schwertkampf, bis zur Falknerei erprobt und umgesetzt. Die behandelte Zeitspanne umfasst über 1000 Jahre europäischer Geschichte. Dadurch entsteht eine anachronistische Mischung aller möglichen Kulturen und Zeitspannen. Beispielsweise können Wikinger mit Personen aus der Zeit Königin Elisabeths interagieren.
Die SCA sieht ihre Tätigkeit als Angewandte oder auch Experimentelle Archäologie, also die Erforschung der Geschichte durch praktisches Anwenden von theoretisch gewonnenem Wissen. Mitglieder entwerfen, nähen und tragen an das Mittelalter angelehnte Kleidung, bauen Rüstungen, Übungsschwerter („Streitkolben“) und Schilde und bestreiten Turniere.
Des Weiteren produzieren und verkosten die Mitglieder eigenen Wein, Met und Bier. Die SCA versucht, im Einzelnen historisch korrekte Geschichte darzustellen. Deshalb befasst sie sich nicht mit Magie, Monstern oder ähnlichen Aspekten. Die Ausgestaltung dieses "gegenwärtigen Mittelalters" variiert jedoch von Mitglied zu Mitglied, da der SCA das Miteinander der Mitglieder wichtiger ist als die historische Darstellung nach außen, wie sie zum Beispiel beim Reenactment auf Burgbelebungen und öffentlichen Mittelaltermärkten üblich ist.

Ziel der SCA

Die SCA beschäftigt sich mit dem Studium der Zeit vom 7. bis 17. Jhd und versucht die Wiederbelebung der positiven Seiten des europäischen Mittelalters, seiner Handwerke, Künste, Traditionen, Literatur, Werten und Errungenschaften zu erreichen. Negative Seiten wie Pest, Armut, Hexenverbrennung und ähnliches werden ausgeschlossen. Sekundärliteratur und primäre Quellen, wie Statuen, Gemälde, Manuskripte und Bauwerke werden studiert. Abgeleitet daraus wird versucht ein Objekt, z. B. ein Kleid oder ein Rezept, zu rekonstruieren. Auf diese Art und Weise und, je nach Fertigkeit, auch in Zusammenarbeit mit Museen, werden Erfahrungen über mögliche frühere Fertigkeiten gemacht. Durch die originalgetreuen Rekonstruktionen sollen moderne Mythen und Vorstellungsweisen über das Mittelalter entkräftet und die theoretische Forschung ergänzt werden. Dabei ist es jedem Mitglied selbst überlassen wie stark es diese Forschung betreiben möchte. Ein Teil der SCA-Mitglieder besucht die Treffen und Veranstaltungen hauptsächlich für die Gemeinschaft und das Ambiente, wohingegen andere wissenschaftlich hochwertige Arbeiten in Recherche und experimenteller Archäologie abliefern.

Veranstaltungen

Die SCA besteht aus vielen lokalen Gruppen, die sich teilweise wöchentlich treffen. Bei verschiedenen Veranstaltungen (engl. Events) tragen Mitglieder der SCA mittelalterliche Kleidung, tanzen historische Tänze und essen mittelalterliche Gerichte. Bei größeren Veranstaltungen gibt es auch Turniere, Ausstellungen, Wettkämpfe, Vorträge über mittelalterliche Künste, Workshops und oft ein abendliches Festmahl, königliche Hofhaltungen sowie Tänze und Musik. In der Regel sind größere SCA-Veranstaltungen nicht öffentlich zugänglich und bedürfen vorheriger Anmeldung der Teilnehmer.

Struktur

Seit ihren Anfängen 1966 wuchs die Organisation auf über 30.000 Mitglieder in den USA, Kanada, England, Schottland, Irland, Schweden, Finnland, Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Russland, Polen, Griechenland, Japan, Südafrika, Türkei, Israel, Korea und Australien. Die Mitgliedschaft ist nur für bestimmte Aktivitäten, wie die Ausübung eines Amtes, zwingend.

Die Organisation der SCA lehnt sich an die idealisierte Feudalgesellschaft des Mittelalters an. Die SCA besteht derzeit aus 20 „Königreichen“ mit je einem für sechs Monate eingesetzten „Königspaar“, einem „Kronprinzenpaar“ und einer Anzahl „königlicher Ministerialen“, die jeweils die in ihrem Aufgabengebiet anfallende Arbeit koordinieren.

„Drachenwald“ ist das Königreich für Europa. Derzeit umfasst Drachenwald die Länder Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Spanien, Südafrika, Vereinigtes Königreich, sowie kleinerer Außenposten in Afghanistan, Kuwait, Irak, Rumänien und der Schweiz (primär durch das US-Militär). In Drachenwald gibt es auch zwei Fürstentümer (engl. Principalities): „Nordmark“ (Schweden) und „Insulae Draconis“ (Vereinigtes Königreich, Irland, Island).

Ein Königreich unterteilt sich in die verschiedenen Gruppen vor Ort, je nach Größe und Struktur Shire, Kanton, Baronie, Provinz oder Fürstentum genannt (zumeist werden hier die Englischen Begriffe verwendet). Auch dort sind wieder Ministeriale am Werk und Baronen- und Fürstenpaare als Vertreter der Krone. In Deutschland existieren mehrere Shire und Kantone, sowie übergreifend die Baronie Knight's Crossing, die sich seit dem Frühjahr 2018 über ganz Deutschland erstreckt.
Die Ministerialen sind auch hier freiwillige Helfer, die ihr jeweiliges Amt für eine Amtszeit übernehmen.

Grundsatz und Persona

Alle Mitglieder der SCA gelten aufgrund des Fokus als höfische Kultur grundsätzlich als niederer Adel. Daher gibt es im SCA-Spiel keine Bauern, Händler, Mägde, Söldner und ähnliche Personen, diese werden aber dennoch dargestellt, bzw. deren Leben erforscht. Oft entwickeln Mitglieder eine sogenannte Persona, um die Lebensgeschichte einer Person, die in der fraglichen Zeit hätte existieren können, in die geschichtlichen Abläufe, sowie die regional- und lokalpolitischen Gegebenheiten der Zeit einzupassen und so einen Aufhänger für Recherchen über die jeweilige Epoche zu haben.